Wo verbleiben Jugendliche mit Migrations- und Fluchthintergrund nach der Schule? Und wie groß ist deren Bereitschaft, eine Ausbildung aufzunehmen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die 82 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 4. Netzwerktreffens der KAUSA-Landesstelle Hamburg am 13.9.23. Im Kulturhof Dulsberg interviewte Projektleiterin Katarzyna Rogacka-Michels Alexander Busenbender von der Agentur für Arbeit Hamburg und Birgit Kruse vom Hamburger Institut für Berufliche Bildung zum Thema.
Die Gründe, warum Jugendliche mit Migrations- und Fluchthintergrund nicht in Ausbildung münden, sind vielfältig. Sie reichen von aufent-haltsrechtlichen Bedingungen bis hin zu nicht ausreichender Orientierung, Reife und Unterstützung. Zwei Jahre in der Ausbildungsvorberei-
tung für Migranten (AvM-Dual) sind nur für die wenigsten eine ausreichend lange Zeit, um sich in dem neuen Umfeld zu orientieren und den beruflichen Zugang zu schaffen. Das Ankommen von jungen Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund sei äußerst komplex, sagte Kruse. Busenbender unterstrich, dass die Unterstützung durch die KAUSA-Landesstelle vor diesem Hintergrund für die Zielgruppe wichtig sei, weil sie Zugänge schaffe. In dem Gespräch wurde deutlich, dass es individueller Unterstützungsangebote bedarf, um den beruflichen Weg der jungen Zugewanderten zu ebnen. Rogacka-Michels: „Dadurch können mehr dieser Jugendlichen für eine duale Ausbildung gewonnen und Potentiale ausgeschöpft werden.“
Im Anschluss an die Gesprächsrunde vernetzten sich die Ausbildungsakteure untereinander bei einem Imbiss . Dabei tauschten sich die Teilnehmenden des KAUSA-Netzwerktreffens mit den Gästen des Projektes „Mobil für Ausbildung“ aus, das im ersten Teil des Abends vorgestellt worden war. Dieses von Unternehmer ohne Grenzen und ASM als Vorhabenpartner im Verbund durchgeführte neue Projekt stärkt unmittelbare Bezugspersonen junger eingewanderter Menschen als Ratgeber bei der selbstbestimmten Berufswahl. Es bietet eine sinnvolle Ergänzung zur Arbeit der KAUSA-Landesstelle Hamburg, die deshalb eng mit dem Projekt kooperiert.
Die Ausbildungsbeteiligung von Unternehmen ist weiter rückläufig. Über die Gründe, Möglichkeiten zum Gegensteuern und darüber wie die Ausbildungsbeteiligung von migrantischen Betrieben ist, tauschten sich am 6. Juli 2023 37 Teilnehmende einer digitalen Netzwerkveranstaltung aus. Zu der Veranstaltung hatte die KAUSA-Landesstelle Hamburg eingeladen. Projektleiterin Katarzyna Rogacka-Michels stellte den überwiegend aus Hamburg kommenden Ausbildungsakteuren eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vor (IAB-Kurzbericht 3/2023), der zufolge die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen seit Jahren rückläufig ist. Lediglich etwas mehr als die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe hat demnach 2022 tatsächlich ausgebildet. Die Gründe für den Rückzug der Unternehmen aus Ausbildung sind vielfältig, jedoch sind Passungsprobleme ein häufig genannter Grund. Auch in einer Umfrage der Handwerkskammer aus dem Jahr 2022 hatten von rund 380 Unternehmen 52,9 Prozent als Grund dafür, dass sie derzeit nicht ausbilden, angegeben, sie hätten zuletzt keine geeigneten Bewerber finden können.
Im Vorfeld des Netzwerktreffens hatten die Außendienstmitarbeiter der KAUSA-Landesstelle 44 von Migranten geführte Klein und Kleinstbetriebe zu ihren Ausbildungsaktivitäten befragt. Katarzyna Rogacka-Michels stellte das Ergebnis der Umfrage vor: Sowohl die Bereitschaft auszubilden als auch die tatsächliche Ausbildungsbeteiligung dieser Gruppe ist weiterhin hoch. Dies wurde auch durch die jahrelange Unterstützungsarbeit von KAUSA erreicht. Dennoch machen den befragten Betrieben Hürden wie Probleme mit dem Aufenthaltstitel von Azubis mit Fluchtgeschichte sowie fehlende Kompetenzen und/oder schlechte Leistungen der Azubis zu schaffen. Viele gaben an, sich mehr finanzielle Förderung zu wünschen. Ilker Disli vom Juweliergeschäft Disli sagte: „Schon mein Vater hat in unserem Betrieb ausgebildet. Das habe ich von ihm übernommen.“ Die Bürokratie sei eine große Hürde, doch die eng mit der Handelskammer und der JBA zusammenarbeitende KAUSA Landesstelle habe ihm viel Arbeit abgenommen.
Silvia Gripp vom Arbeitgeber-Service der Hamburger Agentur für Arbeit machte als einen der Gründe, warum Betriebe und Jugendliche nicht zueinander finden, aus: „Viele Informationen führen zu weniger Informiertheit.“ Eine Lösung sei eine umso intensivere Beratung der Jugendlichen, so die Arbeitsmarktexpertin. Mignon Kashani vom Reichshof Hotel Hamburg berichtete über die zahlreichen Aktivitäten des Unternehmens im Bereich Berufsorientierung: „Wir haben viele Kontakte zu Schulen aufgebaut, bieten zum Beispiel Betriebsbesichtigung und Praktika an. Deshalb mangelt es uns auch nicht an Azubis.“ Fin Mohaupt von der Handelskammer Hamburg plädierte dafür, „Geld für die Betreuung von aus dem Ausland kommenden Auszubildenden in die Hand zu nehmen“. Deren notwendige intensive Betreuung könnten Unternehmen allein nicht leisten.
Zum Ende der Veranstaltung diskutierten die Teilnehmenden über die Bedeutung von Praktika. Rita Wolf von der Behörde für Schule und Berufsbildung berichtete, dass viele Kleinst- und Kleinunternehmen überfordert damit seien, Schüler für die Dauer von zwei bis drei Wochen während eines Praktikums zu betreuen. Ihr Lösungsansatz lautete, dass sich drei bis vier Unternehmen zusammentun könnten, um einen Praktikanten abwechselnd zu betreuen – vergleichbar mit einem Wechsel der Abteilungen in einem Großunternehmen.
Fast 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte die Veranstaltungsreihe „Infoabend für Eltern – Mein Kind und seine Zukunft“ im Mai 2023. Ganz genau 197 zugewanderte Eltern und vereinzelt auch deren Kinder nahmen an den insgesamt sieben mehrsprachigen digitalen Infoabenden der Jugendberufsagentur Hamburg (JBA) und der KAUSA-Landesstelle Hamburg teil . Diese erhielten in ihrer Muttersprache Informationen über die duale Berufsausbildung, Ausbildungsvoraussetzungen und Karrierechancen, die eine abgeschlossene Ausbildung ermöglicht. Dadurch sollen sie ihr Kind am Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen können.
Die Kooperation der JBA und der KAUSA-Landesstelle ermöglichte es, die Online-Infoabende zweisprachig anzubieten. Die Informationen der JBA auf Deutsch wurden in folgende Sprachen übersetzt: Englisch, Russisch, Arabisch, Ukrainisch, Dari, Türkisch und (in Kooperation mit dem Verein Yapa e. V.) Twi. Eltern nutzten die Chance, nach der Präsentation ihre Fragen zu stellen. Diese reichten von Fragen zum Schulsystem bis hin zu einzelnen Berufsbildern.
Es war bereits der dritte Durchgang der Veranstaltungsreihe, die im Frühjahr 2022 erstmals angeboten worden war. Über das Konzept berichtet auch die Zeitschrift BWP („Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis“) in ihrer aktuellen Ausgabe. Zu dem Artikel gelangen Sie hier.
Die KAUSA-Landesstelle Hamburg wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative Bildungsketten.